Juergen
2010-10-28 09:24:21 UTC
[ ] Ich habe den Bericht auf DRSL.de archiviert.
[x] Disclaimer: dieser Bericht ist ausschließlich für die
Usenetgruppen de.rec.sport.laufen.* bestimmt und darf darüber hinaus
unter drsl.de und damit verwandten Seiten gespeichert werden. Einer
(auch auszugs weisen) Veröffentlichung außerhalb des Usenets stimme ich
nicht zu. usgenommen hiervon ist das Usenetarchiv groups.google.de.
[ ] Ich widerspreche der Archivierung auf DRSL.de.
Name des Laufes: 12. Morgenpost Dresden-Marathon
Datum: 24.10.2010 (So)
Ort: Dresden
Postleitzahl: 01067
Homepage (Veranstalter): http://www.dresden-marathon.de/
Ihr Name: jürgen
Ihre eMail-Adresse: schreibsklave at web de
Streckenlaengen: MA, HM, 10 km
Beschaffenheit: Asphalt, Pflaster
Profil: Flach bis auf sechs Brückenquerungen, zwei Runden durch Dresden
mit Großer Garten und Elbufer.
Wetter: Wolkig bis Heiter, 8 bis 11 °C, recht windig
Teilnehmer: Insgesamt 7000, davon knapp 1200 Marathon- und 3000
Halbmarathonläufer
[VWGJ]
Wäre fast ausgefallen. Vor dem Dresden-Marathon fühlte ich mich
letztlich besser als vor dem Berlin-Marathon. Schon eine Wochen nach dem
war ich nicht ganz langsam einen Halbmarathon in Nürnberg gerannt. Beim
langen Lauf mit Endbeschleunigung war die Endbeschleunigung sogar
schneller als vier Wochen vorher. Am nächsten Tag gab es dann noch einen
kleinen MTB-Marathon samt harmlosen Sturz. Die letzten 3 x 5 km im
Marathontempo bis ich sehr flott gerannt - meinem Trainingspartner
zuliebe. Nur der letzte "lange" Lauf über 25 km war recht anstrengend,
das ich das Wochenende danach arbeiten musste erst recht.
Die Woche vor dem Marathon hatte es in sich. Lauter erkältete Leute um
mich rum. Bevor wir am Freitagmorgen nach Dresden fahren, schlafe ich
schlecht bis gar nicht. Um dann zu erfahren, dass mein Zimmergenosse
ebenfalls erkältet ist. Am Freitag weiß er noch nicht, ob er laufen
wird. Das kann ja heiter werden.
Zudem wird dieser Freitag lang. Nachmittags mit der 20 Männer und Frauen
starken Meute raus aus dem Hotel und erst Nachts wieder rein, eigentlich
ist das nicht mein Fall. Vom Hotel in Dresden geht es kurz vor 14 Uhr zu
gläsernen Manufaktur, von der Führung dort zu Fuß zur Frauenkirche, in
ein Kaffee und von da zum Kongresszentrum auf die Marathonmesse. Dort
schlagen wir die Zeit tot, fast zwei Stunden sind eindeutig zu viel für
diese kleine Messe, Nudeln gibt es auch erst am Samstag.
Als wir endlich in Richtung der Lokals zum Abendessen aufbrechen, ist es
eigentlich zu früh. Dafür ist es draußen recht frisch – bloß nicht
erkälten. Andere stört das auch, also probieren wir es doch mal etwas
vorher. Wer hatte eigentlich die blöde Idee, erst für 20 Uhr zu
reservieren? Die Kneipe bei der Frauenkirche war wohl mal eine Apotheke
und ist wirklich urig. Damit ich die kommende Nacht besser schlafe,
entscheide ich mich für ein Kellerbier. Und für das Gericht
Schweinebraten, beim Sauerbraten auf der Karte misstraue ich dem Begriff
„grüne Knödel“, dabei wären das ganz normale rohe Kartoffelklöße
gewesen.
Das Essen wird Tischweise gleichzeitig serviert und ist lecker, das
Kellerbier ist süffig. Nachdem ich schon den ganzen Tag müde bin, habe
ich schnell die nötige Bettschwere. Endlich haben alle gezahlt, knapp
die Hälfte steht schon, als die Bedienung eine Runde Magenbitter bringt.
Ich könnte sie umbringen.
Als wir endlich gehen, heißt es wieder warten, manche Leute verkneifen
sich das mit dem Klo ganz bis zum Schluss. Offenbar kennt sich niemand
so richtig mit der Straßenbahn aus, wir latschen an diversen
Haltestellen vorbei, bis wir endlich an der Gläsernen Manufaktur wieder
in die Linie 4 steigen. Hätte ich gewusst, dass wir so wenig Straßenbahn
fahren, hätte ich Freitag keine Tages- sondern eine 4er-Karte gekauft.
Die Nacht schlafe ich zumindest besser als die vorher, allerdings nicht
unbedingt gut, weil ich Schlafen nur "allein im Zimmer" gewohnt bin.
Kurz zum Samstag: Morgens eine gemeinsame Stadtrundfahrt (bis auf ein
Quartett, das gleich ins Hygiene-Museum aufbricht), dann eine Führung
durch den Zwinger, ein weiteres Quartett hat sich abgesetzt. Nach einer
halben Stunde erklärt mir mein Zimmergenosse, er wolle sich im Hotel
hinlegen. Das würde ich ja auch gerne, doch da ist noch die
Ansteckungsgefahr. Also tingel ich mit dem Stadtrundfahrtbus, man darf
in den ganzen Tag benutzen, noch einmal zum "Blauen Wunder"
(freitragende Stahlfachwerkbrücke über die Elbe mit hellblauen
Schutzanstrich) und zurück zum Zwinger. Mein Versuch, noch einen
Kirchturm zu besteigen scheitert, überall sind schon Gottesdienste. Also
auf zum abschließenden Pizza-Essen. Mal wieder bekomme ich als einer der
Letzten etwas obwohl ich fast als Erster bestellt habe. Auf dem Heimweg
muss wieder erst auf "den Verkneifer" gewartet werden, dann trödelt die
um einen laufenden Kinderarzt gewachsene Gruppe derart, dass ihr die
Straßenbahn vor der Nase wegfährt. Wenigstens sind wir recht früh im
Hotel...
[Wettkampftag]
Erst einen Beutel "Ultra Strarter", dann noch ein normales Frühstück.
Mit Straßenbahn und Ersatzverkehren zum Kongresszentrum zu kommen ist
für Ortsunkundige wie uns eine ziemliche Herausforderung. Zum Glück hat
die DVB am ersten Umsteigepunkt ein paar gut informierte Ordner
abgestellt. Eine Stunde vor dem Start sind wir schließlich da.
Was soll ich schreiben - meine Sicht wäre "das Trödeln geht weiter".
Eigentlich sind wir schon in Sichtweite der Kleiderabgabe in der
Tiefgarage, doch dann werden erstmal die Dixie-Klos gesucht (zwei Etagen
höher im Freien), bevor es zurück geht. Beim Umziehen verfolge ich
innerlich schmunzelnd, wie sich glückliche verheiratete Menschen
angiften können, wenn sie vor dem Start nur nervös genug sind. Ich gebe
mal lieber meinen Kleiderbeutel ab und gehe mich warmlaufen sowie
hinterher nochmal auf die Toilette (ich kennen meine Verdauungsorgane
und ihre kleinen Gemeinheiten). Allerdings bin ich der Einzige unserer
Gruppe, der das so macht.
Wäre ich alleine gewesen wie in Berlin, hätte ich mich erst umgezogen,
dann Dixie-Klo, dann Warmlaufen, dann nochmal Dixie-Klo, dabei hätte ich
einen Weg gespart.
Den 7 - 8 °C zum Trotz verzichten sonst alle auf das Warmlaufen. Okay,
ich verzichte dafür auf lange Hosen, lange Laufshirts oder Armlinge.
"Kurz-Kurz", allerdings mit nicht ganz zu kurzer Tight und
Kompressionssocken, Sportunterhemd und T-Shirt-Trikot sowie Halstuch
müssen reichen.
Durch die Warmlauferei sind es keine 10 Minuten mehr zum Start, als ich
mich in den Startblock C quetsche. Angemessen weit nach vorne komme ich
nicht, viel zu nahe stehe ich am Schild "4:30h" und der Zugläufer mit
dem 4h-Luftballon ist viel zu weit weg.
[Der Marathon]
Was will ich eigentlich laufen? In Berlin hatte ich 4:49h, vom Training
her müsste viel mehr drinnen sein. Also habe ich mir eine "Greif-Taktik"
zurecht gelegt: Die ersten 15 km in 5:12/min, dann 10 km noch schneller
in 5:03 min/km und langsam bis auf 5:09 min/km abfallen. Das gäbe eine
Endzeit unter 3:40h.
Endlich der Startschuss. Bald traben wir los, doch vor der Startlinie
kommt das Feld noch zweimal ins Stocken. Danach geht es mir zu gemütlich
voran, schon bald fange ich an zu überholen. Rechts herum geht es über
die Marienbrücke, der erste km ist schnell rum, 5:14 habe ich am Schild,
also trotz Gedränge Tempo fast getroffen. Von der Brücke runter geht es
natürlich erstmal bergab, ich überhole fleißig weiter und bin nach 10:17
am nächsten Kilometer-Schild. Kleiner Vorsprung :-).
Den halte ich auch, der Augustusbrücke mit ihrem Anstieg und dem
Pflaster zum Trotz. Danach stören mich vor allem die als "Nägel"
ausgeführten Markierungen im Pflaster vor der Semperoper. Böse
Stolperfallen, schlimmer als Straßenbahnschienen. Vor km3 überhole ich
erstmal den Zugläufer für 4h, vor ihm ist eindeutig mehr Platz.
Gleichzeitig überholt mich Georg, der von ganz hinten gestartet den
Halbmarathon in 1:39h laufen sollte, für ihn ist das gemütlich.
Das Wetter ist zum Laufen prima. Bewölkt aber trocken bis 9 bis 10 °C.
Manchem ist das etwas kühl, für mich gerade richtig. Längst laufen wir
am Terrassenufer entlang und dann am Käthe-Kollwitz Ufer, dabei haben
wir einen prächtigen Blick auf die andere Flußseite mit den
Elbschlössern. Als kurz vor km5 die ganzen 10-Kilometer-Läufer rechts
abbiegen, kann ich das auch genießen, weil es etwas mehr Platz auf der
Strecke gibt.
26 min sollte ich bei km6 unterwegs sein, tatsächlich sind es nur 25:46.
Frohen Mutes laufe ich weiter. Bald dürfen auch wir rechts abbiegen, auf
der breiten Fetscher-Straße geht es in Richtung großer Garten. Das Tempo
passt und macht mir keine Probleme, beim Wasserstand um km8 herum nehme
ich planmäßig das erste Gel (Strategie ca. alle 45 min). Kurz danach
schwenkt die Straße nach links, warum schreit der Streckenposten so?
Später begreife ich, dass der Läufertross mal vor und mal hinter den
Straßenbahnschienen links abbiegt, je nachdem ob gerade eine Bahn kommt
oder nicht. Gute Idee, aber wer vor den Schienen abbiegt so wie ich muss
beim überqueren der Strabalinie rund 400 Meter später zwei extra Hacken
schlagen.
Direkt danach kommen wir am späteren Schild für km30 vorbei, irgendwie
gefällt mir der Gedanke nicht. Insgesamt laufen wir jetzt halb um den
Großen Garten herum, auf halben Weg ist Kilometer 10. Mit 51:49 statt
52:00 nähere ich mich langsam meinem Schnitt :-). Von der
Tiergartenstraße aus, wo nochmal eine Verpflegungsstelle ist, biegen wir
schließlich in den Park ein. Endlich! Läuft sich doch gleich schöner.
Schade, dass dieses Stück keine zwei Kilometer lang ist. Mit einem
flüchtigen Blick auf den Streckenverlauf hatte ich auf fünf Kilometer in
diesem Park gehofft, doch kurz nachdem links das Fußballstadion zu sehen
ist, geht es aus dem Park hinaus in Richtung Gläserne Manufaktur. Hier
überhole ich eine Läuferin mit einem roten Du-Medoc-Shirt und extremen
X-Beinen. Die nächste Kurve kommt genau dort, wo sich sieben Kilometer
vorher der Streckenposten so aufgeregt hatte, wir laufen die Straße
jetzt wieder hinunter und an der Wasserstelle vorbei.
Nach der nächsten Kurve kommt km15, ich sollte also schneller werden.
Statt 1:18 zeigt meiner Uhr am Schild 1:17:33, so schnell war ich wohl
nicht, laut Frau Garmin stand das Schuld 50 Meter zu früh. Allerdings
kommt in der Striesener Straße und später der Pillnitzer Straße auch
unschön Gegenwind auf, so wird das nichts mit der Tempoverschärfung.
Nach dem nächsten Rechtsschwenk geht es auf die Carolabrücke rauf, oben
gibt's kräftigen Seitenwind von links. Das gefällt mir ganz und gar
nicht.
Beim Runter von der Brücke hüpft mir ein Läufer vom Gehweg vor die
Füsse, ich bedanke mich artig, worauf er dann doch wieder Platz macht.
Ein paar hundert Meter geht es hinter einem Häuserblock grob
Elbaufwärts, dann die steilste Rampe der Strecke runter, unten ist
Verpflegung und vor allem Gegenwind. Ich beiße mich durch und frag den
"vor die Füße-Hüpfer" von vorhin, wie weit er noch läuft. "Drei
Kilometer", ist die Antwort, worauf ich ihn rate, mal langsam an den
Endspurt...
Unter der Augustusbrücke ist km20, aus dem "Gasgeben" nach Graf ist
wirklich nichts geworden, selbst für einen Schnitt von 5:12 bin ich
jetzt 43s zu langsam - vom Winde verweht.
Nach einem harten Kilometer ist extra eine Schotterrampe über drei
Treppenstufen geschüttet, damit wir hoch zu einem Baumspalier kommen und
letztlich zur Großen Meißner-Straße. Es ist unglaublich: Obwohl wir
genau anders herum laufen als gerade noch an der Elbe entlang haben wir
schon wieder Gegenwind.
August dem Starken als "goldenen Reiter" links der Strecke am Neustädter
Markt macht das nichts aus, ich bin trotzdem froh, als es wieder über
die Augustusbrücke geht. Hier ist wieder etwas Stimmung. Vor der
Semperoper dürfen sich die Halbmarathonis links halten in Richtung Ziel,
ich und die anderen Marathonläufer laufen wieder rechts runter zum
Terrassenufer. Endlich wird es wieder etwas leichter, kein Gegenwind
mehr und sogar die Sonne kommt zeitweise heraus.
Halbmarathon etwas über 1:50. Ich könnte mir also 4 Minuten mehr Zeit
lassen und immer noch sub3:45h laufen. Oder 7 Minuten mehr für eine
persönliche Bestzeit. Mal sehen...
Inzwischen "ziehe" ich mich mit einer kleinen blonden Läuferin, die mir
schon vorher wegen ihrer Eigenverpflegung in hübsch mit Alufolie und
grünen Bändern markierten Trinkflaschen aufgefallen war, über die
Strecke. Ein paar hundert Meter gibt es "Begegnungverkehr", ich sehe
einige schnellere Läufer von unserem Lauftreff. Gegenüber der ersten
Runde müssen wir weiter "die Elbe rauf" laufen, auf dem Radweg ist
Kilometer 25. Die Zwischenzeit nehme ich nicht mehr so richtig war, sie
ist schon weit von den nötigen 2:10h entfernt.
Als wir wieder auf dem Käthe-Kollwitz-Ufer laufen, sehe ich meinen
Trainingspartner Ralf die "Extraschleife" über die Goetheallee beenden,
mir steht sie noch bevor. Für die hübschen Willen habe ich nicht so
richtig den Blick, dafür überhole ich die "kleine Blonde" wieder. Mir
gelingen noch zwei Kilometer um 5:12 min herum.
Endlich sind wir wieder in die Fetscherstraße eingebogen. Zeit für das
dritte Gel an der nächsten Verpflegungsstelle. Ich spüle mit zwei
Bechern Wasser nach, doch irgendwas ist jetzt verkehrt. Ich komme nicht
mehr auf mein Tempo, 5:35 für diesen Kilometer, der nächste wird auch
nicht wirklich schneller. Und die kleine Blonde ist längst weg!
Zeit für einen Strategiewechsel. Kilometer zwischen 5:20 und 5:30, um
noch etwas zu retten? Klappt aber auch nicht so richtig. Bei Kilometer
30 sehe ich 2:39h auf der Uhr. Für Sub4h sollten es also reichen, doch
für eine neue Bestzeit müsste ich deutlich unter einem 6er-Schnitt
bleiben.
Inzwischen geht es wieder am großen Garten entlang, doch wann geht es
endlich rein? Erst kommt noch km32, nach 2:51. Oh mein Gott, meine
Oberschenken brennen und werden schwer! Auch im Park bin ich dann nicht
wirklich schnell unterwegs, kein Kilometer mehr unter 5:40! Bei km35,
unweit der Gläsernen Manfraktur, passiert es: Der erste Kilometer über 6
min. Und dann überholt auch noch diese Läuferin mit den argen X-Beinen.
Und die eigentlichen "Windstücke" stehen mir noch bevor.
Km36 wird wirklich lang. Sehr lang. Bin ich so langsam? Nein, da vorne
kommt das Schild für Km37. 12:08 für diese zwei Kilometer, wenigstens
nicht ganz so weit von einem 6er-Schnitt weg. An der Verpflegung um km37
herum nehme ich das letzte "große Gel" (Ultra-Sport). Es rettet
allerdings auch nichts mehr, der Gegenwind ist den folgenden
Zwischenzeiten deutlich anzusehen. Erst recht der für km40, an dessen
Anfang nach der Carolabrücke eine Wasserstation und ein kleines Gel
(Xenofit) stand. Der Wind an der Elbe ist mörderisch, ich befürchte bald
rückwärts zu laufen, die Dresdner Neuesten Nachrichten sollten am
nächsten Tag etwas von Sturmböen schreiben. Über 6:20 min hat der
Forerunner dafür aufgezeichnet, das ist langsamer als meine langen Läufe
in der Vorbereitung.
Irgendwie schleppe ich mich schließlich die Ministeigung zur Großen
Meißner Straße hoch. Das gleich Phänomen wie bei der ersten Runde: Genau
anders herum als an der Elbe und trotzdem Gegenwind. Ich muntere beim
Überholen einen Läufer aus Siegen auf, der Gehpause macht, er solle mal
wieder ins Laufen kommen, auf der Augustusbrücke warte sein "Fanclub".
Auf der Brücke wähle ich diesmal den Gehweg mit großen Steinplatten
statt dem Pflaster der Fahrbahn. Am Ende steht ein Mann mit Laptop und
kündigt die Läufer namentlich an. Mein Name fällt als ich schon an ihm
vorbei bin, ich reiße die Arme hoch. Ein paar Zuschauer sind ja doch da.
Überholt mich doch prompt der Siegener mit zwei Läuferinnen im
Schlepptau.
"Ihr habt es gleich geschafft", feuert uns der Streckenposten an. Jetzt
bloß nicht über das Pflaster oder die "Nägel" stolpern. Vor dem
sächsischen Landtag geht es in Richtung Ziel. Wo ist es nur, und wo sind
Zuschauer oder so etwas wie Stimmung. Noch einmal eine Kurve, da ist die
Kongresshalle, am morgen habe ich doch das Zielbanner gesehen?
Endlich kommt es in Sicht. Es hat sich versteckt, weil die letzten 200
Metern oder so (ein 42er-Schild gibt's nicht) bergab gehen und es nach
einem Straßenknick in der Senke steht. Obwohl der Siegener 300 Meter vor
dem Ziel noch mal geht und mich "unser Walter" nochmal anfeuert, kriege
ich ihn nicht mehr.
Kurz die Arme für die Zielfotografen hochgerissen und an der ersten
Matte die Uhr gestoppt. 3:52:51, das ist nicht das, was ich wollte...
Immerhin reicht es für Platz 645 beziehungsweise 125 in meiner
Alterklasse (von 185). Von unserem Lauftreff bin ich der letzte Kerl im
Ziel. Nach mir finishte nur noch Vendu, sie blieb unter 4h. Meine drei
Trainingspartner liefen allesamt persönliche Bestzeiten. Einer davon ist
mein Zimmergenosse, der am Vortag noch leichtes Fieber hatte, er knackte
erstmals die 3:30h (okay, ich vermutete schon vorher, dass er von uns am
meisten Potential hat, er wusste es nur nicht). Offenbar war auch ihre
Startposition ganz vorne im Block C beziehungsweise schon in Block B
besser, wie sie berichten hatte sie von Anfang an genug Platz um ihr
Tempo zu laufen.
Ich lasse mir von einer lächelnden Japanerin die Medaille umhängen.
Danach labe ich mich an der Zielverpflegung. Trotz der kühlen
Temperaturen gehen drei bleifreie Erdinger problemlos rein.
Auf in die Tiefgarage. Die Rampe da runter tut weh. Unten finde ich die
Massage am anderen Ende der Tiefgarage. Sie ist Klasse organisiert, es
gibt Stühle zum Warten und einige Damen kümmern sich um die richtige
Reihenfolge. Nach nicht mal fünf Minuten nehmen sich zwei kräftig junge
Männer meiner geschundenen Beine an. Schade dass sie meine Frage nach
dem Rücken überhört haben, die Frau auf der Liege vor mir hatte mehr
Glück und grunzt "tut das guuuttt".
Als ich von dem als Liege genutzten Biertisch aufstehe sehe ich die
Blutblase am linken Fußballen. Dabei waren es die gleichen Schuhe und
Kompressionssocken mit denen ich mir in Berlin im Regen nasse Füße aber
keinerlei Beschwerden geholt habe. Außerdem stelle ich später
aufgeriebene Stellen fest unter den Armen, über den Hintern (???waren
die Gels in der Gesäßtasch zu schwer???) und zwischen den Beinen.
Zum Duschen müsste ich danach aus dem Kongresszentrum raus, dazu habe
ich genauso wenig Lust wie auf Schwimmen (1 km Fußweg), obwohl ich eine
Badehose eingepackt hatte. Ich hole mir auf der Messe eine
Soforturkunde, lasse die Medaille gravieren und löse endlich meinen
Nudelgutschein ein. Duschen tue ich danach im Hotel.
[Kurzanalyse]
Hier die 5er-Splitts:
Dresden (Berlin zum Vergleich)
5 25:46 5:09 (25:58 5:12)
10 26:03 5:13 (26:40 5:21)
15 25:44 5:09 (26:35 5:19)
20 27:10 5:26 (27:03 5:25)
25 27:05 5:25 (27:22 5:30)
30 27:35 5:31 (27:50 5:34)
35 29:18 5:52 (27:43 5:33)
40 31:13 6:15 (27:50 5:34)
42,2 12:57 5:54 (11:54 5:26)
Wie schon geschrieben: Offensiver angegangen als in Berlin, dafür viel
verloren. Ab km30 kann man von einen Einbruch sprechen. Ich hatte
gehofft, so was hinter mir gelassen zu haben. Vor allem fühlte sich
dieser Marathon wieder völlig anders an als ein Berlin. War es nur mein
Kopf, der nicht mehr wollte? Interessanterweise hatte ich nämlich auf
den langsamen Kilometern auch einen etwas niedrigeren Puls.
Insgesamt stehe ich diesem Marathon mit gemischten Gefühlen gegenüber,
nicht nur weil ich mein Zeitziel nicht erreicht habe. Die Organisation
war bis auf minimale Schönheitsfehler gut und die Strecke hat durchaus
ihre Reize. Das Wetter war für Ende Oktober prima, den Bildern im
Strecken- und Strabaplan nach zu Urteilen hat es letztes Jahr furchtbar
geregnet. Was fehlt ist aber deutlich mehr Stimmung an der Strecke, für
eine Stadt mit über einer halben Million Einwohner war das sehr mau -
vom Gefühl her ist in Würzburg mehr los, von Berlin oder Köln nicht zu
reden. Eher scheint es so, als interessiere die Dresdner der Marathon
nicht so besonders, ähnliches habe ich schon von München gehört.
Unabhängig davon gilt: Dresden ist eine Reise wert. Mindestens!
Danke fürs Lesen.
Jürgen
cu.
Juergen
[x] Disclaimer: dieser Bericht ist ausschließlich für die
Usenetgruppen de.rec.sport.laufen.* bestimmt und darf darüber hinaus
unter drsl.de und damit verwandten Seiten gespeichert werden. Einer
(auch auszugs weisen) Veröffentlichung außerhalb des Usenets stimme ich
nicht zu. usgenommen hiervon ist das Usenetarchiv groups.google.de.
[ ] Ich widerspreche der Archivierung auf DRSL.de.
Name des Laufes: 12. Morgenpost Dresden-Marathon
Datum: 24.10.2010 (So)
Ort: Dresden
Postleitzahl: 01067
Homepage (Veranstalter): http://www.dresden-marathon.de/
Ihr Name: jürgen
Ihre eMail-Adresse: schreibsklave at web de
Streckenlaengen: MA, HM, 10 km
Beschaffenheit: Asphalt, Pflaster
Profil: Flach bis auf sechs Brückenquerungen, zwei Runden durch Dresden
mit Großer Garten und Elbufer.
Wetter: Wolkig bis Heiter, 8 bis 11 °C, recht windig
Teilnehmer: Insgesamt 7000, davon knapp 1200 Marathon- und 3000
Halbmarathonläufer
[VWGJ]
Wäre fast ausgefallen. Vor dem Dresden-Marathon fühlte ich mich
letztlich besser als vor dem Berlin-Marathon. Schon eine Wochen nach dem
war ich nicht ganz langsam einen Halbmarathon in Nürnberg gerannt. Beim
langen Lauf mit Endbeschleunigung war die Endbeschleunigung sogar
schneller als vier Wochen vorher. Am nächsten Tag gab es dann noch einen
kleinen MTB-Marathon samt harmlosen Sturz. Die letzten 3 x 5 km im
Marathontempo bis ich sehr flott gerannt - meinem Trainingspartner
zuliebe. Nur der letzte "lange" Lauf über 25 km war recht anstrengend,
das ich das Wochenende danach arbeiten musste erst recht.
Die Woche vor dem Marathon hatte es in sich. Lauter erkältete Leute um
mich rum. Bevor wir am Freitagmorgen nach Dresden fahren, schlafe ich
schlecht bis gar nicht. Um dann zu erfahren, dass mein Zimmergenosse
ebenfalls erkältet ist. Am Freitag weiß er noch nicht, ob er laufen
wird. Das kann ja heiter werden.
Zudem wird dieser Freitag lang. Nachmittags mit der 20 Männer und Frauen
starken Meute raus aus dem Hotel und erst Nachts wieder rein, eigentlich
ist das nicht mein Fall. Vom Hotel in Dresden geht es kurz vor 14 Uhr zu
gläsernen Manufaktur, von der Führung dort zu Fuß zur Frauenkirche, in
ein Kaffee und von da zum Kongresszentrum auf die Marathonmesse. Dort
schlagen wir die Zeit tot, fast zwei Stunden sind eindeutig zu viel für
diese kleine Messe, Nudeln gibt es auch erst am Samstag.
Als wir endlich in Richtung der Lokals zum Abendessen aufbrechen, ist es
eigentlich zu früh. Dafür ist es draußen recht frisch – bloß nicht
erkälten. Andere stört das auch, also probieren wir es doch mal etwas
vorher. Wer hatte eigentlich die blöde Idee, erst für 20 Uhr zu
reservieren? Die Kneipe bei der Frauenkirche war wohl mal eine Apotheke
und ist wirklich urig. Damit ich die kommende Nacht besser schlafe,
entscheide ich mich für ein Kellerbier. Und für das Gericht
Schweinebraten, beim Sauerbraten auf der Karte misstraue ich dem Begriff
„grüne Knödel“, dabei wären das ganz normale rohe Kartoffelklöße
gewesen.
Das Essen wird Tischweise gleichzeitig serviert und ist lecker, das
Kellerbier ist süffig. Nachdem ich schon den ganzen Tag müde bin, habe
ich schnell die nötige Bettschwere. Endlich haben alle gezahlt, knapp
die Hälfte steht schon, als die Bedienung eine Runde Magenbitter bringt.
Ich könnte sie umbringen.
Als wir endlich gehen, heißt es wieder warten, manche Leute verkneifen
sich das mit dem Klo ganz bis zum Schluss. Offenbar kennt sich niemand
so richtig mit der Straßenbahn aus, wir latschen an diversen
Haltestellen vorbei, bis wir endlich an der Gläsernen Manufaktur wieder
in die Linie 4 steigen. Hätte ich gewusst, dass wir so wenig Straßenbahn
fahren, hätte ich Freitag keine Tages- sondern eine 4er-Karte gekauft.
Die Nacht schlafe ich zumindest besser als die vorher, allerdings nicht
unbedingt gut, weil ich Schlafen nur "allein im Zimmer" gewohnt bin.
Kurz zum Samstag: Morgens eine gemeinsame Stadtrundfahrt (bis auf ein
Quartett, das gleich ins Hygiene-Museum aufbricht), dann eine Führung
durch den Zwinger, ein weiteres Quartett hat sich abgesetzt. Nach einer
halben Stunde erklärt mir mein Zimmergenosse, er wolle sich im Hotel
hinlegen. Das würde ich ja auch gerne, doch da ist noch die
Ansteckungsgefahr. Also tingel ich mit dem Stadtrundfahrtbus, man darf
in den ganzen Tag benutzen, noch einmal zum "Blauen Wunder"
(freitragende Stahlfachwerkbrücke über die Elbe mit hellblauen
Schutzanstrich) und zurück zum Zwinger. Mein Versuch, noch einen
Kirchturm zu besteigen scheitert, überall sind schon Gottesdienste. Also
auf zum abschließenden Pizza-Essen. Mal wieder bekomme ich als einer der
Letzten etwas obwohl ich fast als Erster bestellt habe. Auf dem Heimweg
muss wieder erst auf "den Verkneifer" gewartet werden, dann trödelt die
um einen laufenden Kinderarzt gewachsene Gruppe derart, dass ihr die
Straßenbahn vor der Nase wegfährt. Wenigstens sind wir recht früh im
Hotel...
[Wettkampftag]
Erst einen Beutel "Ultra Strarter", dann noch ein normales Frühstück.
Mit Straßenbahn und Ersatzverkehren zum Kongresszentrum zu kommen ist
für Ortsunkundige wie uns eine ziemliche Herausforderung. Zum Glück hat
die DVB am ersten Umsteigepunkt ein paar gut informierte Ordner
abgestellt. Eine Stunde vor dem Start sind wir schließlich da.
Was soll ich schreiben - meine Sicht wäre "das Trödeln geht weiter".
Eigentlich sind wir schon in Sichtweite der Kleiderabgabe in der
Tiefgarage, doch dann werden erstmal die Dixie-Klos gesucht (zwei Etagen
höher im Freien), bevor es zurück geht. Beim Umziehen verfolge ich
innerlich schmunzelnd, wie sich glückliche verheiratete Menschen
angiften können, wenn sie vor dem Start nur nervös genug sind. Ich gebe
mal lieber meinen Kleiderbeutel ab und gehe mich warmlaufen sowie
hinterher nochmal auf die Toilette (ich kennen meine Verdauungsorgane
und ihre kleinen Gemeinheiten). Allerdings bin ich der Einzige unserer
Gruppe, der das so macht.
Wäre ich alleine gewesen wie in Berlin, hätte ich mich erst umgezogen,
dann Dixie-Klo, dann Warmlaufen, dann nochmal Dixie-Klo, dabei hätte ich
einen Weg gespart.
Den 7 - 8 °C zum Trotz verzichten sonst alle auf das Warmlaufen. Okay,
ich verzichte dafür auf lange Hosen, lange Laufshirts oder Armlinge.
"Kurz-Kurz", allerdings mit nicht ganz zu kurzer Tight und
Kompressionssocken, Sportunterhemd und T-Shirt-Trikot sowie Halstuch
müssen reichen.
Durch die Warmlauferei sind es keine 10 Minuten mehr zum Start, als ich
mich in den Startblock C quetsche. Angemessen weit nach vorne komme ich
nicht, viel zu nahe stehe ich am Schild "4:30h" und der Zugläufer mit
dem 4h-Luftballon ist viel zu weit weg.
[Der Marathon]
Was will ich eigentlich laufen? In Berlin hatte ich 4:49h, vom Training
her müsste viel mehr drinnen sein. Also habe ich mir eine "Greif-Taktik"
zurecht gelegt: Die ersten 15 km in 5:12/min, dann 10 km noch schneller
in 5:03 min/km und langsam bis auf 5:09 min/km abfallen. Das gäbe eine
Endzeit unter 3:40h.
Endlich der Startschuss. Bald traben wir los, doch vor der Startlinie
kommt das Feld noch zweimal ins Stocken. Danach geht es mir zu gemütlich
voran, schon bald fange ich an zu überholen. Rechts herum geht es über
die Marienbrücke, der erste km ist schnell rum, 5:14 habe ich am Schild,
also trotz Gedränge Tempo fast getroffen. Von der Brücke runter geht es
natürlich erstmal bergab, ich überhole fleißig weiter und bin nach 10:17
am nächsten Kilometer-Schild. Kleiner Vorsprung :-).
Den halte ich auch, der Augustusbrücke mit ihrem Anstieg und dem
Pflaster zum Trotz. Danach stören mich vor allem die als "Nägel"
ausgeführten Markierungen im Pflaster vor der Semperoper. Böse
Stolperfallen, schlimmer als Straßenbahnschienen. Vor km3 überhole ich
erstmal den Zugläufer für 4h, vor ihm ist eindeutig mehr Platz.
Gleichzeitig überholt mich Georg, der von ganz hinten gestartet den
Halbmarathon in 1:39h laufen sollte, für ihn ist das gemütlich.
Das Wetter ist zum Laufen prima. Bewölkt aber trocken bis 9 bis 10 °C.
Manchem ist das etwas kühl, für mich gerade richtig. Längst laufen wir
am Terrassenufer entlang und dann am Käthe-Kollwitz Ufer, dabei haben
wir einen prächtigen Blick auf die andere Flußseite mit den
Elbschlössern. Als kurz vor km5 die ganzen 10-Kilometer-Läufer rechts
abbiegen, kann ich das auch genießen, weil es etwas mehr Platz auf der
Strecke gibt.
26 min sollte ich bei km6 unterwegs sein, tatsächlich sind es nur 25:46.
Frohen Mutes laufe ich weiter. Bald dürfen auch wir rechts abbiegen, auf
der breiten Fetscher-Straße geht es in Richtung großer Garten. Das Tempo
passt und macht mir keine Probleme, beim Wasserstand um km8 herum nehme
ich planmäßig das erste Gel (Strategie ca. alle 45 min). Kurz danach
schwenkt die Straße nach links, warum schreit der Streckenposten so?
Später begreife ich, dass der Läufertross mal vor und mal hinter den
Straßenbahnschienen links abbiegt, je nachdem ob gerade eine Bahn kommt
oder nicht. Gute Idee, aber wer vor den Schienen abbiegt so wie ich muss
beim überqueren der Strabalinie rund 400 Meter später zwei extra Hacken
schlagen.
Direkt danach kommen wir am späteren Schild für km30 vorbei, irgendwie
gefällt mir der Gedanke nicht. Insgesamt laufen wir jetzt halb um den
Großen Garten herum, auf halben Weg ist Kilometer 10. Mit 51:49 statt
52:00 nähere ich mich langsam meinem Schnitt :-). Von der
Tiergartenstraße aus, wo nochmal eine Verpflegungsstelle ist, biegen wir
schließlich in den Park ein. Endlich! Läuft sich doch gleich schöner.
Schade, dass dieses Stück keine zwei Kilometer lang ist. Mit einem
flüchtigen Blick auf den Streckenverlauf hatte ich auf fünf Kilometer in
diesem Park gehofft, doch kurz nachdem links das Fußballstadion zu sehen
ist, geht es aus dem Park hinaus in Richtung Gläserne Manufaktur. Hier
überhole ich eine Läuferin mit einem roten Du-Medoc-Shirt und extremen
X-Beinen. Die nächste Kurve kommt genau dort, wo sich sieben Kilometer
vorher der Streckenposten so aufgeregt hatte, wir laufen die Straße
jetzt wieder hinunter und an der Wasserstelle vorbei.
Nach der nächsten Kurve kommt km15, ich sollte also schneller werden.
Statt 1:18 zeigt meiner Uhr am Schild 1:17:33, so schnell war ich wohl
nicht, laut Frau Garmin stand das Schuld 50 Meter zu früh. Allerdings
kommt in der Striesener Straße und später der Pillnitzer Straße auch
unschön Gegenwind auf, so wird das nichts mit der Tempoverschärfung.
Nach dem nächsten Rechtsschwenk geht es auf die Carolabrücke rauf, oben
gibt's kräftigen Seitenwind von links. Das gefällt mir ganz und gar
nicht.
Beim Runter von der Brücke hüpft mir ein Läufer vom Gehweg vor die
Füsse, ich bedanke mich artig, worauf er dann doch wieder Platz macht.
Ein paar hundert Meter geht es hinter einem Häuserblock grob
Elbaufwärts, dann die steilste Rampe der Strecke runter, unten ist
Verpflegung und vor allem Gegenwind. Ich beiße mich durch und frag den
"vor die Füße-Hüpfer" von vorhin, wie weit er noch läuft. "Drei
Kilometer", ist die Antwort, worauf ich ihn rate, mal langsam an den
Endspurt...
Unter der Augustusbrücke ist km20, aus dem "Gasgeben" nach Graf ist
wirklich nichts geworden, selbst für einen Schnitt von 5:12 bin ich
jetzt 43s zu langsam - vom Winde verweht.
Nach einem harten Kilometer ist extra eine Schotterrampe über drei
Treppenstufen geschüttet, damit wir hoch zu einem Baumspalier kommen und
letztlich zur Großen Meißner-Straße. Es ist unglaublich: Obwohl wir
genau anders herum laufen als gerade noch an der Elbe entlang haben wir
schon wieder Gegenwind.
August dem Starken als "goldenen Reiter" links der Strecke am Neustädter
Markt macht das nichts aus, ich bin trotzdem froh, als es wieder über
die Augustusbrücke geht. Hier ist wieder etwas Stimmung. Vor der
Semperoper dürfen sich die Halbmarathonis links halten in Richtung Ziel,
ich und die anderen Marathonläufer laufen wieder rechts runter zum
Terrassenufer. Endlich wird es wieder etwas leichter, kein Gegenwind
mehr und sogar die Sonne kommt zeitweise heraus.
Halbmarathon etwas über 1:50. Ich könnte mir also 4 Minuten mehr Zeit
lassen und immer noch sub3:45h laufen. Oder 7 Minuten mehr für eine
persönliche Bestzeit. Mal sehen...
Inzwischen "ziehe" ich mich mit einer kleinen blonden Läuferin, die mir
schon vorher wegen ihrer Eigenverpflegung in hübsch mit Alufolie und
grünen Bändern markierten Trinkflaschen aufgefallen war, über die
Strecke. Ein paar hundert Meter gibt es "Begegnungverkehr", ich sehe
einige schnellere Läufer von unserem Lauftreff. Gegenüber der ersten
Runde müssen wir weiter "die Elbe rauf" laufen, auf dem Radweg ist
Kilometer 25. Die Zwischenzeit nehme ich nicht mehr so richtig war, sie
ist schon weit von den nötigen 2:10h entfernt.
Als wir wieder auf dem Käthe-Kollwitz-Ufer laufen, sehe ich meinen
Trainingspartner Ralf die "Extraschleife" über die Goetheallee beenden,
mir steht sie noch bevor. Für die hübschen Willen habe ich nicht so
richtig den Blick, dafür überhole ich die "kleine Blonde" wieder. Mir
gelingen noch zwei Kilometer um 5:12 min herum.
Endlich sind wir wieder in die Fetscherstraße eingebogen. Zeit für das
dritte Gel an der nächsten Verpflegungsstelle. Ich spüle mit zwei
Bechern Wasser nach, doch irgendwas ist jetzt verkehrt. Ich komme nicht
mehr auf mein Tempo, 5:35 für diesen Kilometer, der nächste wird auch
nicht wirklich schneller. Und die kleine Blonde ist längst weg!
Zeit für einen Strategiewechsel. Kilometer zwischen 5:20 und 5:30, um
noch etwas zu retten? Klappt aber auch nicht so richtig. Bei Kilometer
30 sehe ich 2:39h auf der Uhr. Für Sub4h sollten es also reichen, doch
für eine neue Bestzeit müsste ich deutlich unter einem 6er-Schnitt
bleiben.
Inzwischen geht es wieder am großen Garten entlang, doch wann geht es
endlich rein? Erst kommt noch km32, nach 2:51. Oh mein Gott, meine
Oberschenken brennen und werden schwer! Auch im Park bin ich dann nicht
wirklich schnell unterwegs, kein Kilometer mehr unter 5:40! Bei km35,
unweit der Gläsernen Manfraktur, passiert es: Der erste Kilometer über 6
min. Und dann überholt auch noch diese Läuferin mit den argen X-Beinen.
Und die eigentlichen "Windstücke" stehen mir noch bevor.
Km36 wird wirklich lang. Sehr lang. Bin ich so langsam? Nein, da vorne
kommt das Schild für Km37. 12:08 für diese zwei Kilometer, wenigstens
nicht ganz so weit von einem 6er-Schnitt weg. An der Verpflegung um km37
herum nehme ich das letzte "große Gel" (Ultra-Sport). Es rettet
allerdings auch nichts mehr, der Gegenwind ist den folgenden
Zwischenzeiten deutlich anzusehen. Erst recht der für km40, an dessen
Anfang nach der Carolabrücke eine Wasserstation und ein kleines Gel
(Xenofit) stand. Der Wind an der Elbe ist mörderisch, ich befürchte bald
rückwärts zu laufen, die Dresdner Neuesten Nachrichten sollten am
nächsten Tag etwas von Sturmböen schreiben. Über 6:20 min hat der
Forerunner dafür aufgezeichnet, das ist langsamer als meine langen Läufe
in der Vorbereitung.
Irgendwie schleppe ich mich schließlich die Ministeigung zur Großen
Meißner Straße hoch. Das gleich Phänomen wie bei der ersten Runde: Genau
anders herum als an der Elbe und trotzdem Gegenwind. Ich muntere beim
Überholen einen Läufer aus Siegen auf, der Gehpause macht, er solle mal
wieder ins Laufen kommen, auf der Augustusbrücke warte sein "Fanclub".
Auf der Brücke wähle ich diesmal den Gehweg mit großen Steinplatten
statt dem Pflaster der Fahrbahn. Am Ende steht ein Mann mit Laptop und
kündigt die Läufer namentlich an. Mein Name fällt als ich schon an ihm
vorbei bin, ich reiße die Arme hoch. Ein paar Zuschauer sind ja doch da.
Überholt mich doch prompt der Siegener mit zwei Läuferinnen im
Schlepptau.
"Ihr habt es gleich geschafft", feuert uns der Streckenposten an. Jetzt
bloß nicht über das Pflaster oder die "Nägel" stolpern. Vor dem
sächsischen Landtag geht es in Richtung Ziel. Wo ist es nur, und wo sind
Zuschauer oder so etwas wie Stimmung. Noch einmal eine Kurve, da ist die
Kongresshalle, am morgen habe ich doch das Zielbanner gesehen?
Endlich kommt es in Sicht. Es hat sich versteckt, weil die letzten 200
Metern oder so (ein 42er-Schild gibt's nicht) bergab gehen und es nach
einem Straßenknick in der Senke steht. Obwohl der Siegener 300 Meter vor
dem Ziel noch mal geht und mich "unser Walter" nochmal anfeuert, kriege
ich ihn nicht mehr.
Kurz die Arme für die Zielfotografen hochgerissen und an der ersten
Matte die Uhr gestoppt. 3:52:51, das ist nicht das, was ich wollte...
Immerhin reicht es für Platz 645 beziehungsweise 125 in meiner
Alterklasse (von 185). Von unserem Lauftreff bin ich der letzte Kerl im
Ziel. Nach mir finishte nur noch Vendu, sie blieb unter 4h. Meine drei
Trainingspartner liefen allesamt persönliche Bestzeiten. Einer davon ist
mein Zimmergenosse, der am Vortag noch leichtes Fieber hatte, er knackte
erstmals die 3:30h (okay, ich vermutete schon vorher, dass er von uns am
meisten Potential hat, er wusste es nur nicht). Offenbar war auch ihre
Startposition ganz vorne im Block C beziehungsweise schon in Block B
besser, wie sie berichten hatte sie von Anfang an genug Platz um ihr
Tempo zu laufen.
Ich lasse mir von einer lächelnden Japanerin die Medaille umhängen.
Danach labe ich mich an der Zielverpflegung. Trotz der kühlen
Temperaturen gehen drei bleifreie Erdinger problemlos rein.
Auf in die Tiefgarage. Die Rampe da runter tut weh. Unten finde ich die
Massage am anderen Ende der Tiefgarage. Sie ist Klasse organisiert, es
gibt Stühle zum Warten und einige Damen kümmern sich um die richtige
Reihenfolge. Nach nicht mal fünf Minuten nehmen sich zwei kräftig junge
Männer meiner geschundenen Beine an. Schade dass sie meine Frage nach
dem Rücken überhört haben, die Frau auf der Liege vor mir hatte mehr
Glück und grunzt "tut das guuuttt".
Als ich von dem als Liege genutzten Biertisch aufstehe sehe ich die
Blutblase am linken Fußballen. Dabei waren es die gleichen Schuhe und
Kompressionssocken mit denen ich mir in Berlin im Regen nasse Füße aber
keinerlei Beschwerden geholt habe. Außerdem stelle ich später
aufgeriebene Stellen fest unter den Armen, über den Hintern (???waren
die Gels in der Gesäßtasch zu schwer???) und zwischen den Beinen.
Zum Duschen müsste ich danach aus dem Kongresszentrum raus, dazu habe
ich genauso wenig Lust wie auf Schwimmen (1 km Fußweg), obwohl ich eine
Badehose eingepackt hatte. Ich hole mir auf der Messe eine
Soforturkunde, lasse die Medaille gravieren und löse endlich meinen
Nudelgutschein ein. Duschen tue ich danach im Hotel.
[Kurzanalyse]
Hier die 5er-Splitts:
Dresden (Berlin zum Vergleich)
5 25:46 5:09 (25:58 5:12)
10 26:03 5:13 (26:40 5:21)
15 25:44 5:09 (26:35 5:19)
20 27:10 5:26 (27:03 5:25)
25 27:05 5:25 (27:22 5:30)
30 27:35 5:31 (27:50 5:34)
35 29:18 5:52 (27:43 5:33)
40 31:13 6:15 (27:50 5:34)
42,2 12:57 5:54 (11:54 5:26)
Wie schon geschrieben: Offensiver angegangen als in Berlin, dafür viel
verloren. Ab km30 kann man von einen Einbruch sprechen. Ich hatte
gehofft, so was hinter mir gelassen zu haben. Vor allem fühlte sich
dieser Marathon wieder völlig anders an als ein Berlin. War es nur mein
Kopf, der nicht mehr wollte? Interessanterweise hatte ich nämlich auf
den langsamen Kilometern auch einen etwas niedrigeren Puls.
Insgesamt stehe ich diesem Marathon mit gemischten Gefühlen gegenüber,
nicht nur weil ich mein Zeitziel nicht erreicht habe. Die Organisation
war bis auf minimale Schönheitsfehler gut und die Strecke hat durchaus
ihre Reize. Das Wetter war für Ende Oktober prima, den Bildern im
Strecken- und Strabaplan nach zu Urteilen hat es letztes Jahr furchtbar
geregnet. Was fehlt ist aber deutlich mehr Stimmung an der Strecke, für
eine Stadt mit über einer halben Million Einwohner war das sehr mau -
vom Gefühl her ist in Würzburg mehr los, von Berlin oder Köln nicht zu
reden. Eher scheint es so, als interessiere die Dresdner der Marathon
nicht so besonders, ähnliches habe ich schon von München gehört.
Unabhängig davon gilt: Dresden ist eine Reise wert. Mindestens!
Danke fürs Lesen.
Jürgen
cu.
Juergen
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